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Immanuel Kant, Aphorisms |
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Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung |
Enlightenment is man's emergence from his self-imposed immaturity. Immaturity is the inability to use one's own understanding without the guidance of another. This immaturity is self-imposed if its cause lies not in a defect of understanding but in a lack of resolve and courage to use it without another's guidance. Dare to know! Have the courage to use your own understanding! is therefore the motto of enlightenment. |
Der Krieg ist darin schlimm, daß er mehr böse Menschen macht, als er deren wegnimmt. |
The worst thing about war is that it creates more evil people than it kills. |
Das Recht muß nie der Politik, wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepaßt werden. |
The law must never be adapted to politics, but rather politics must always be adapted to the law. |
Der Schüler soll nicht Gedanken, sondern denken lernen; man soll ihn nicht tragen, sondern leiten, wenn man will, daß er in Zukunft von sich selbst zu gehen geschickt sein soll. |
The pupil should not learn thoughts, but how to think. One should not carry him, but rather guide him, if one wants him to be able to walk on his own in the future. |
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. |
Laziness and cowardice are the reasons why so great a part of humanity, even after nature has long since declared them free from external control (naturaliter maiorennes), nevertheless gladly remain under lifelong tutelage; and why it is so easy for others to set themselves up as their guardians. |
So viel ist gewiß: wer einmal die Kritik [der reinen Vernunft] gekostet hat, den ekelt auf immer alles dogmatische Gewäsche, womit er vorher aus Not vorlieb nahm, weil seine Vernunft etwas bedurfte, und nichts Besseres zu ihrer Unterhaltung finden konnte. Die Kritik verhält sich zur gewöhnlichen Schulmetaphysik gerade wie Chemie zur Alchemie, oder wie Astronomie zur wahrsagenden Astrologie. |
One thing is certain: whoever has once savored the Critique of Pure Reason will forever be disgusted by all dogmatic nonsense, which he previously had to put up with out of necessity, because his reason needed something and could not find anything better to entertain it. Criticism is to ordinary school metaphysics what chemistry is to alchemy, or astronomy is to fortune-telling astrology. |
Wer sich zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, wenn er mit Füßen getreten wird. |
Whoever makes himself into a worm cannot complain afterwards if he is trampled underfoot. |
Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines andern Staats gewalttätig einmischen. |
No state should violently interfere in the constitution and government of another state. |
Will man den ganzen Menschen studieren, so darf man nur auf das weibliche Geschlecht seine Augen richten: denn wo die Kraft schwächer ist, da ist das Werkzeug um so künstlicher. daher hat die Natur in das weibliche Geschlecht eine natürliche Anlage zur Kunst gelegt. Der Mann ist geschaffen, über die Natur zu gebieten, das Weib aber, den Mann zu regieren. Zum ersten gehört viel Kraft, zum andern viel Geschicklichkeit. |
If one wants to study the whole person, one should only look at the female sex: because where strength is weaker, the instrument is all the more artistic. Therefore, nature has endowed the female sex with a natural inclination for art. Man is created to rule over nature, but woman to govern man. The former requires much strength, the latter much skill. |
Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen. |
Three things help to bear the hardships of life: hope, sleep, and laughter. |
Wenn die einen genießen wollen, ohne zu arbeiten, so werden andere arbeiten müssen, ohne zu genießen |
If some want to enjoy without working, then others will have to work without enjoying. |
Tue das, wodurch du würdig wirst, glücklich zu sein |
Do what makes you worthy to be happy. |
Die Klugheit eines Menschen wird daran gemessen, wie viel Unsicherheiten er zu ertragen vermag |
A person's wisdom is measured by how many insecurities he is able to endure. |
Ich kann, weil ich will, was ich muß. |
I can, because I want to do what I have to do. |
Die Regeln des Glücks: Tu etwas, liebe jemanden, hoffe auf etwas. |
The rules of happiness: Do something, love someone, hope for something. |
Die Pflicht gegen sich selbst besteht darin, daß der Mensch die Würde der Menschheit in seiner eigenen Person bewahre. |
Duty toward oneself consists in preserving the dignity of humanity within one's own person. |
Die Idee der Menschheit, die Idee einer vollkommenen Republik, eines glückseligen Lebens und dergleichen mehr fehlt den meisten Menschen. - Viele Menschen haben keine Idee von dem, was sie wollen, daher verfahren sie nach Instinkt und Autorität. |
The idea of humanity, the idea of a perfect republic, a blissful life, and the like is lacking in most people. - Many people have no idea of what they want, so they act based on instinct and authority. |
Ob aber der Mensch nun von Natur moralisch gut oder böse ist? Keines von beiden, denn er ist von Natur gar kein moralisches Wesen; er wird dieses nur, wenn seine Vernunft sich bis zu den Begriffen der Pflicht und des Gesetzes erhebt. |
Whether humans are morally good or evil by nature? Neither of the two, for by nature, they are not moral beings at all; they become such only when their reason elevates itself to the concepts of duty and law. |
Freundschaft – in ihrer Vollkommenheit betrachtet – ist die Vereinigung zweier Personen durch gleiche wechselseitige Liebe und Achtung. |
Friendship, when considered in its perfect state, is the union of two individuals through equal mutual love and respect. |
Es kann sein, daß nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muß er wahrhaftig sein. |
It may be that not everything a person believes to be true is actually true, for they can err, but in everything they say, they must be honest. |
Die Lüge ist ein Verbrechen des Menschen an seiner eigenen Person. |
Lying is a crime that a person commits against themselves. |
Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen, muß man eigenen haben. |
To willingly and freely recognize the value of others, one must have one's own. |
So schädlich ist es, Vorurteile zu pflanzen, weil sie sich zuletzt an denen selbst rächen, die, oder deren Vorgänger, ihre Urheber gewesen sind. |
Planting prejudices is so harmful because they ultimately end up haunting those, or their predecessors, who were their instigators. |
Unser Entscheiden reicht weiter als unser Erkennen. |
Our decision-making extends beyond our knowledge. |
Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht. |
Man can only become human through education. He is nothing but what education makes him. |
Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich ein Gewissen hat, einen Arzt, der für mich Diät beurteilt, und so weiter, so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. |
It is so convenient to be immature. If I have a book that provides understanding for me, a pastor who provides a conscience for me, a doctor who judges my diet, and so on, then I don't need to think for myself. |
Wir werden gewisse Handlungen nicht darum für verbindlich halten, weil sie Gebote Gottes sind, sondern sie darum als göttliche Gebote ansehen, weil wir dazu innerlich verpflichtet sind. |
We will not consider certain actions to be binding because they are God's commandments, but rather we will see them as divine commandments because we feel inwardly obligated to do them. |
Der Mensch, der die menschlichen Gefühle nicht ersticken will, muß sich den Tieren gegenüber mit Güte verhalten; weil der, der unmenschlich gegenüber den Tieren ist, auch hart mit dem Menschen wird. Wir können die Seele eines Menschen an der Verhaltensweise gegenüber den Tieren erkennen. |
A person who does not want to stifle human feelings must treat animals with kindness; for whoever is cruel to animals will also be harsh with humans. We can recognize a person's soul by their behavior towards animals. |
Nimm keine Wohltätigkeiten an, wenn du ohne sie leben kannst. |
Do not accept charity if you can live without it. |
Nur wer das Leben ernst, bitter ernst nimmt, hat auch wirklich Humor. |
Only those who take life seriously, bitterly seriously, also have true humor. |
Die Selbstprüfung, die in die schwer zu ergründenden Tiefen oder den Abgrund des Herzens zu dringen verlangt und die dadurch zu erhaltende Selbstkenntnis ist aller menschlichen Weisheit Anfang. |
Self-examination, which demands delving into the unfathomable depths or abyss of the heart, and the self-knowledge thereby gained, is the beginning of all human wisdom. |
Alles kommt in der Religion aufs Tun an. |
In religion, everything comes down to action. |
Wenn die Wissenschaft ihren Kreis durchlaufen hat, so gelanget sie natürlicher Weise zu dem Punkte eines bescheidenen Mißtrauens, und sagt, unwillig über sich selbst, wie viele Dinge gibt es doch, die ich nicht einsehe. |
When science has completed its circle, it naturally arrives at the point of modest distrust, and says reluctantly about itself, how many things there are that I do not understand. |
Faulheit ist der Hang zur Ruhe ohne vorhergehende Arbeit. |
Laziness is the inclination to rest without prior work. |
Eltern erziehen gemeiniglich ihre Kinder nur so, daß sie in die gegenwärtige Welt, sei sie auch verderbt, passen. Sie sollten sie aber besser erziehen, damit ein zukünftiger besserer Zustand hervorgebracht werde. |
Parents usually raise their children in such a way that they fit into the present world, even if it is corrupt. However, they should educate them better so that a future, improved state can be brought forth. |
Der leere Wunsch, die Zeit zwischen dem Begehren und dem Erwerben des Begehrten vernichten zu können, ist Sehnsucht. |
The empty desire to be able to obliterate the time between desire and the acquisition of what is desired, is longing. |
Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern vielmehr durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß. Und es könnte sein, daß die Menschheit reicher wird, indem sie ärmer wird, daß sie gewinnt, indem sie verliert. |
One is not rich by what one possesses, but rather by what one knows how to do without with dignity. And it could be that humanity becomes richer by becoming poorer, that it gains by losing. |
Wenn die Gerechtigkeit untergeht, hat es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden leben. |
When justice perishes, it is no longer worthwhile for humans to live on Earth. |
Es gibt Irrtümer, die man nicht widerlegen kann. Man muß den verkehrten Kopf in Erkenntnisse führen, die ihn aufklären; alsdann verliert sich der Irrtum von selbst. |
There are errors that cannot be refuted. One must guide the misguided mind toward insights that enlighten it; then the error dissipates on its own. |
Das Reisen bildet sehr; es entwöhnt von allen Vorurteilen des Volkes, des Glaubens, der Familie, der Erziehung. Es gibt den humanen duldsamen Sinn, den allgemeinen Charakter. Wer dagegen nichts sah, was ihn in der Sphäre, worin er lebt, umgibt, hält leicht alles für notwendig und einzig in der Welt, weil es in seiner Heimat dafür gilt. |
Traveling educates greatly; it weans one from all prejudices of the people, faith, family, and upbringing. It fosters a humane and tolerant disposition, a universal character. Conversely, those who have not seen anything beyond their immediate surroundings tend to consider everything necessary and unique in the world simply because it holds true in their homeland. |